Vertigo hat geschrieben: ↑10.02.2018, 12:57
AusDemWegIchBinArzt hat geschrieben: ↑10.02.2018, 12:21
weil: Ist ja spießig und nicht rock´n´roll....
das ist z.B. ein Aspekt den ich an Bruce ganz große Klasse finde. Der pfeift darauf ob das jemand spiessig oder cool findet wie er ist, er macht das was er für richtig hält.
Die ganzen von dir aufgezählten Punkte sind auch meiner Meinung nach das, was eine Stimme frühzeitig killt. Das denk ich mir jedesmal wenn ich den Fish heute höre. Immer noch eine interessante Stimme und natürlich immer noch Ausdruck, der Herr hat ja was in der Birne. Aber ganze Universen weit weg von der Stimme die er Anfang der 80er hatte. Er hat halt mit Marillion das Leben zu sehr genossen und danach oft seine Unzufriedenheit mit Alkohol ertränkt. Ob oder wieviel er raucht weiß ich nicht, aber ich denke mir immer wieder mal, dass es ewig schade ist, dass diese fasznierende Stimme in der Form ruiniert ist.
Vielen Sängern fehlt einfach, gerade wenn sie noch jung und somit gewissermaßen im Partymodus sind, das Verständnis dafür, dass die Stimme nicht nur ein einfaches Werkzeug ist, sondern ein komplexes Instrument. Und das will gepflegt und gut behandelt werden. Eine Stradivari würde man ja auch nicht im feuchten Keller oder neben offenem Feuer herumliegen lassen.
Manche Sänger lernen es auch nie, die können sich dann frühzeitig verabschieden. Und bei denen, die es irgendwann merken, ist es auch oft schon zu spät, weil die Stimme irreparable Schäden davongetragen hat.
Wie Bruce war aber etwa Ronnie James Dio auch ein Beispiel dafür, wie man mit seiner Stimme anständig umgeht, so dass sie auch in höherem Alter noch gut klingt bzw. normale altersbedingte Verfallserscheinungen noch einigermaßen kompensiert werden können, da die Stimme eben ansonsten nie unnötig strapaziert wurde.
Aber diese Sorte Sänger, die weitsichtig sind (schließlich ist die Stimme nicht nur Wiedererkennungsmerkmal, sondern trägt auch zum Lebensunterhalt bei) und Vernunft walten lassen, sind eben nicht unbedingt in der Überzahl. Und es sind wirklich viele, um die es wirklich schade ist: Neben Fish die bekanntesten Beispiele wären ja etwa Ian Gillan, David Coverdale (der klingt so fürchterlich heute, aber er begreift es nicht und krächzt nur angestrengt herum) oder Ian Anderson. Klaus Meine hat es damals noch rechtzeitig hinbekommen die Notbremse zu ziehen, aber da war es fünf vor Zwölf.
Ich habe irgendwann eine interessante Erklärung von Tobias Sammet dazu gelesen, die er sich genötigt sah, abzugeben. Da hatten sich nämlich etliche Fans mokiert, dass er nach den Konzerten immer gleich im Nightliner oder Hotelzimmer verschwinden würde, anstatt gefälligst Autogramme zu geben und mit den Fans zu sprechen. Das empfand man als arrogant und ungehörig, so nach dem Motto "...der hat es wohl nicht mehr nötig."
Darauf schrieb Sammet einen offenen Brief ans "Rock Hard", wo er in sachlich-freundlichem Tonfall sehr plausibel und nachvollziehbar erklärte, wie wichtig es für ihn sei, auf seine Stimme zu achten, da sie eben ein äußerst anfälliges Instrument darstellt. Und deswegen sei es ein Ding der Unmöglichkeit für ihn, nach Konzerten nassgeschwitzt in der zugigen Halle oder draußen davor mit den Fans zu palavern und lange herumzustehen, denn da würden schon zehn Minuten ausreichen, um sich eine dicke Erkältung, ´ne Angina oder irgendwas ähnliches einzufangen. Und genau aus dem Grunde würde er sich ohne ein Wort zu sprechen sofort zurückziehen und erstmal eine heiße Dusche nehmen bzw. sich und seiner Stimme nach einem Konzert Ruhe gönnen, wie auch soviel Schlaf wie möglich.
Er schrieb auch, nachdem er in den ersten Bandjahren einige Male genau den Fehler gemacht habe, sich durch falsches Verhalten (er wollte die draußen wartenden Fans ja nicht enttäuschen) mehrwöchige Halsentzündungen und Infekte zuzuziehen, sei dieses stimmschonende Verhalten die für ihn logische Konsequenz daraus und schließlich hätte keiner was davon, wenn eine Tour abgebrochen werden müsse, weil er nicht singen könne. Die Stimme solle schließlich die vier Tourneewochen ohne Zwischenfälle durchhalten. Es täte ihm leid, wenn es als arrogant empfunden würde, denn so sei es nicht gemeint. Aber er hoffe sehr, die Kritiker würden das verstehen. Also keine Autogramme, kein langes Herumgestehe- und gerede in der Kälte, keine bzw. nur wenige Partys, kein Alkohol, keine Kippen, viel Schlaf.
Ich selber hoffe natürlich auch, dass die angesprochenen Personen das damals verstanden haben und fand die Erklärung zwar gut, richtig und offenbar auch nötig, es erschien mir seinerzeit allerdings auch etwas befremdlich, dass es wirklich nötig ist, manchen Fans sowas erklären zu müssen.
Da hätten die eigentlich selber drauf kommen können. Aber manche Leute benehmen sich eben erstaunlich kindisch oder sind dann in ihrem Anspruchsdenken gleich persönlich beleidigt, wenn ein Musiker nicht so will wie sie, dabei könnten sie einfach mal ein wenig nachdenken.