Nachdem die innovativste Tangerine Dream-Ära in der legendären Besetzung Froese/Franke/Baumann Geschichte war, weil Peter Baumann im Anschluß an "Encore" (1977) seinen Hut genommen hatte, spielte die übriggebliebene Rumpfbesetzung Froese & Franke mit wechselnden Begleitmusikern zwei etwas orientierungslos wirkende Studio-LPs ("Cyclone", 1978 und "Force Majeure", 1979) ein, bevor im Anschluß daran mit Neuzugang Johannes Schmoelling wieder Kontinuität ins Bandgefüge einkehrte.
Das erste Album in dieser Besetzung, "Tangram" (1980), legte davon eindrucksvoll Zeugnis ab und brauchte sich qualitativ nicht hinter großen 70er-Werken wie "Phaedra" (1974) oder "Stratosfear" (1976) zu verstecken.
Auch wenn die Schmoelling-Besetzung in den Folgejahren dieses anfängliche Niveau nicht aufrecht erhalten konnte und zunehmend kommerzielle Zugeständnisse machte, die von zunächst etwas größerer musikalischer Zugänglichkeit letztlich in die Abgründe seichtester Fahrstuhl-Elektronik führen sollten und die Band somit im Verlauf der 80er Jahre ins Verderben rissen, so entstanden am Anfang des Jahrzehnts nach dem großen "Tangram" immerhin noch drei weitere Werke, mit denen die Band trotz bereits kleinerer Schwachstellen noch punkten konnte, bevor die Achterbahn dann musikalisch rapide bergab fuhr.
Bei diesen drei Alben handelte es sich um das hier zur Rezension stehende "Exit" (1981), sowie "White Eagle" (1982) und zumindest in Teilen noch "Hyperborea" (1983). Mit letzterem endete auch der langjährige Plattenvertrag bei Virgin und das war dann auch gleichbedeutend mit dem endgültigen musikalischen Bruch der danach stattfand und die Band ab Mitte der 80er zu banal-poppigen, uninspirierten Mainstream-Elektronikern von der Stange werden ließ.
Die in ihrer Gesamtheit noch guten und hörenswerten Alben vom Anfang des Jahrzehnts hingegen wurden auch dadurch befeuert, dass ihre Musik Verwendung bei einigen Schimanski- "Tatort"-Folgen fand (z.B. "Das Mädchen auf der Treppe" - unbedingt sehenswert !), was der Band und ihrer Musik einen zusätzlichen Popularitätsschub in dieser Zeit einbrachte.
Neben der bereits erwähnten, hervorragenden "Tangram" nun ist der Nachfolger "Exit" für mich also ebenfalls eines der besseren Schmoelling-Alben. Die Scheibe wird öfter übersehen, hat aber durchweg spannendes zu bieten und ist alles andere als uninteressant.
Markant ist vor allem, dass "Exit" für Tangerine Dream-Verhältnisse überraschend kompakt und in Teilen relativ eingängig (aber eben noch nicht seicht) ausgefallen ist und vermehrt auf rhythmische Akzente Wert legt, die damals ein verändertes Klangbild generierten und den Beweis antraten, dass der Innovationsgeist bei TD noch nicht ganz erloschen war - im Gegensatz zu den schlappen Werken ab den mittleren 80er Jahren dann. Auch stellt "Exit" den Beginn einer Reise in digitale Klangwelten dar, was für die zuvor ausschließlich auf analogem Eqipment musizierenden Berliner ebenfalls einen neuen Abschnitt in ihrer Karriere bedeutete.
Und ich - als klarer Verfechter analoger Synthesizer - komme nicht umhin, der Band zuzugestehen, dass der Schritt von analog zu digital geglückt ist, was keineswegs eine Selbstverständlichkeit bedeutet. Kollege Klaus Schulze hatte es kurz zuvor mit dem programmatisch betitelten "Dig It" (1980) ebenfalls vollzogen und dort war das Ergebnis lange nicht so überzeugend geraten.
Mit den vier Stücken "Kiew Mission", "Network 23", "Exit" und "Choronzon" sind ein paar echte Highlights vertreten, die den Besitz des Albums allemal rechtfertigen und zeigen, dass in den frühen 80ern die Luft bei der Formation noch nicht völlig raus war. Von daher kann ich nur jedem raten, dem Album eine Chance zu geben und etwas Zeit für die Beschäftigung damit zu investieren.
"Exit" ist jedenfalls ohne Frage eine der gelungeneren Scheiben aus der 80er Jahre-Phase der Band.
Die Songs
1. Kiew Mission - 9:18
2. Pilots Of Purple Twilight - 4:19
3. Choronzon - 4:07
4. Exit - 5:33
5. Network 23 - 4:55
6. Remote Viewing - 8:20
Die Band
Edgar Froese (Keyboards)
Chris Franke (Keyboards)
Johannes Schmoelling (Keyboards)
